Mariella

Einsatz 18

Mariella

Bilder von Laura Kissling

Schnell gehen müsse es, sagt die Pflegende der Intensivstation eines Kinderspitals zu mir am Telefon. Es könnte sein, dass die kleine Fee Mariella, bedingt durch Komplikationen bei der Geburt, schon in dieser Nacht auf und davon fliege. Und die Familie hätte so gern noch Herzensbilder.

Innert Minuten kann ich die Pflegende schon zurückrufen, um ihr mitzuteilen, dass ich jemanden gefunden habe. Foto-Engel Laura Kissling lässt alles stehen und liegen, fährt heim, um ihre Ausrüstung und Babyfoto-Accessoires zu holen. Und eine Stunde später steht sie in der Intensivstation. Und einmal mehr ziehe ich so sehr meinen Hut vor ihr und den anderen Foto-Engeln. Sind doch gesunde Babys und glückliche Eltern ihre Alltagswelt. So weit weg ist da das Sterben eines Kindes. So fest muss es doch klopfen das Herz, da von einem Moment auf den anderen so einen ganz anderen Auftrag anzunehmen. Und sie tun es doch. Tun es einfach.

Laura zögerte keine Sekunde. Sie schreibt: «Als mich Kerstin an diesem Nachmittag kontaktiert hat, habe ich sofort gespürt, dass ich zu dieser kleinen Fee fahren soll. Ich wurde herzlich von der Familie und dem Team empfangen. Zwei Stunden lang haben wir so viele Details wie möglich eingefangen. Händchen, Füsschen, Fotos mit der ganzen Familie, den Eltern, dem Bruder, den Grosseltern. Es war eine ungewohnte Situation… nicht viel vorbereiten zu können….keine schönen Hintergründe…kein schönes Licht. Doch mir war klar, darum ging es nicht. Es ging darum, Momente, Emotionen und Erinnerungen einzufangen. Für die Zeit danach…für immer. Es fiel mir in den Tagen nach dem Shooting schwer, in Gedanken nicht immer bei der Familie zu sein…über ihr Schicksal und die kleine Mariella nachzudenken. Das Bearbeiten der Fotos war eine weitere kleine Herausforderung… und gleichzeitig meine Aufgabe als Foto.Engel stark für diese wunderbare Familie zu sein. Ich glaube, ich konnte ihnen die gewünschten Erinnerungen schenken…. nicht nur im Herzen, sondern auch für immer festgehalten auf Bildern.»

So etwas zum erste Mal zu machen, und es dann so gut, so wundergut zu machen. So dass Mariellas Papa noch bevor er die Bilder bekommen hat, ihr schon schreibt: «Wir danken dir, Laura, für deinen schnellen Einsatz und dein unglaubliches Einfühlungsvermögen gegenüber Mariella und uns. Wir sind gerührt, dass es diese Organisation herzensbilder.ch gibt… » Mariellas Flug zu den Sternen begann noch nicht so schnell wie an diesem Abend erwartet. «Unsere kleine Fee ist noch da», schreibt der Papa, «sie ist ein ganz starkes Mädchen. Selbst die Ärzte sind überrascht, wie lange sie schon durchhält. Wir sehen es als Geschenk, die noch verbleibende Zeit mit ihr zu geniessen.»

Die Eltern durften ihre Kleine heimnehmen. Im Wissen, dass sie sich bereit macht für ihren Flug zu den Sternen. Wie schön, dass euch noch Zeit geschenkt wurde. Zeit, zusammen zu sein. Zeit, zu fassen. Zeit, zu begreifen. Einen Monat alt wurde sie. Die kleine grosse Kämpferin Mariella. Dann breitete sie ihre Flügel aus und flog davon. Ist friedlich und entspannt in den Armen ihrer Eltern eingeschlafen. Liebe unendlich tapfere Mariella-Familie, wir haben euch in Gedanken begleitet seit diesem Abend bei euch im Spital und wir wünschen euch Kraft und Mut für den Weg ohne eure kleine Prinzessin. Wir werden euch auch weiterhin in Gedanken begleiten und ein Licht anzünden für Mariella und für euch.

Mit solchen Erinnerungsbildern zurückbleiben zu dürfen. Wie unendlich kostbar das ist. Danke dir liebe Laura von ganzem Herzen für diese wunderschönen, unendlich berührenden, würdevollen, feinen und zarten Bilder voller Liebe und Zärtlichkeit. Mitten ins Herz gehen sie und man wünscht jeder Familie, die ein Kind gehen lassen muss, sie hätte solche Abschiedsbilder. Bilder, die zeigen, wie unglaublich viel sogar auf einer Intensivstation möglich ist. «Gerne würden wir euch Bilder zur Verfügung stellen, um anderen Familien Mut zu machen, sich doch auch zu melden in einer solchen Situation», schreibt Mariellas Papa, «ein schöner Gedanke!»